Koko – Offene Gemeinschaftsküche

Franka’stisches Sauerteigbrot

Sauerteigbrot

21. Februar 2022 von Gesine

geschrieben von Maeve

In bisherigen Blogartikeln hatten wir schon über Wasser und Mehl sowie Fermentation in Gestalt von Sauerkraut geschrieben – jedoch noch nie über Sauerteig! Das muss sich ändern, dachte ich mir und hab mich auf die Suche nach Wissen rund um Sauerteigbrote gemacht.

Ein bisschen Erfahrung konnte ich schon mit meinem eigenen Sauerteig-Starter machen. Den ersten habe ich von einer Freundin geschenkt bekommen, den zweiten dann selbst angesetzt. Jedoch habe ich mich nie intensiv mit den Prozessen dahinter beschäftigt, sondern eher nach Gefühl vermengt, stehen gelassen und gebacken – manchmal hat’s gut geklappt und andere Male weniger. :)

Ganz grundsätzlich arbeiten im Sauerteig Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien und Hefen, die zusammen mit mehleigenen Enzymen, die Stärke des Mehls spalten. Dieser Fermentationsprozess führt dazu, dass das Brot länger frisch hält und bekömmlicher ist und schafft den feinen Geschmack. Die Mikroorganismen verdauen das Mehl für uns vor und wandeln verschiedene Stoffe um, sodass sie für uns Menschen leichter verdaulich sind und wir mehr der guten Inhaltsstoffe aufnehmen können.

Um mehr zu erfahren, habe ich mich mit Franka getroffen. Franka Suchantke ist eine junge Frau, die Sauerteigbrot in Dresden bäckt. An einem sonnigen Freitagnachmittag sind wir zu ihr nach Pieschen gefahren, haben unsere Fahrräder in einem ergrünenden Hinterhof abstellt und sind dann durch ein helles Stiegenhaus mit Stuckverzierung in Frankas gemütliche Wohnung gekommen, wo wir am Südbalkon Platz nahmen.

Franka begann Brot zu backen, als ihr erstes Kind klein war und sie nicht so viel Energie zum Kochen hatte. „Mich fasziniert, dass die Triebkraft aus dem Mehl selbst kommt“ antwortet sie auf die Frage, was sie am Brot backen besonders mag. Beim Brot, erklärte sie uns, braucht es eigentlich nur Mehl, Wasser und vor allem Zeit – bis zum fertigen Brot dauert es zwei bis drei Tage. Der erste Schritt besteht darin, das Anstellgut anzufrischen. Das Anstellgut ist eine kleine Menge Sauerteig, den man entweder selbst ansetzt (hier ein Video dazu und hier ein Blogbeitrag) oder von jemandem bekommt, die oder der schon einen Sauerteig hat. Es soll ja auch Sauerteige geben, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden oder die sich in ganzen Freundeskreisen ausgebreitet haben. Frankas Sauerteig kommt von einem Bio-Bäcker aus La Palma.

Also, zuerst möchte der Sauerteig/das Anstellgut mit Mehl und Wasser gefüttert werden. Nach ein paar Stunden bei Zimmertemperatur, wenn sich das Volumen vergrößert und man viele Bläschen ausmachen kann, kommt ein Teil des Anstellgutes wieder zurück in den Kühlschrank für das nächste Brot. Mit dem anderen Teil wird der Vorteig gemacht. Wieder Mehl und Wasser mit dem Sauerteig vermengen und stehen lassen. Hier kann beobachtet werden, wie der Teig wächst, es dauert aber ein bisschen länger als bei Hefeteigen. Nach ungefähr 12 Stunden (je nach Rezept) kann noch einmal Mehl und Wasser zugegeben werden und dieses Mal auch Salz und optional Gewürze, das ist dann der Hauptteig. Der wird dann in Form gebracht und geht ein letztes Mal für ein bis zwei Stunden bevor er in den Ofen kommt. Der sollte richtig heiß sein (um die 250 °C, Ober- und Unterhitze). Nach zirka 20 Minuten kann der Ofen ein bisschen runtergeschalten werden, auf 200 °C ungefähr, damit die Kruste nicht zu dick und hart wird. Während wir über Brot sprechen, zwitschern im Hintergrund fröhlich die Vögel.

Hier noch einmal übersichtlicher:

  1. Anstellgut füttern, 2-8 Stunden warten (bei Roggen länger als bei Weizen), ein Teil zurück in den Kühlschrank
  2. Vorteig: anderer Teil des Anstellgutes + Wasser + Mehl ~ 12 Stunden gehen lassen
  3. Hauptteig: Vorteig + Wasser + Mehl + Salz (+ Gewürze) ~ 2-6 Stunden gehen lassen
  4. Laib formen oder Teig in bemehlte Kastenform füllen ~ 1-2 Stunden
  5. Backen 200-250 °C ~ 1 Stunde

Die angegeben Zeiten variieren je nach Rezept. Franka lässt das Anstellgut bei Roggenteig 8 Stunden gehen, den Vorteig 12 Stunden und den Hauptteig dann nochmal 2 Stunden. Grundsätzlich gilt, je länger der Teig steht, desto saurer wird er, weil die Mikroorganismen ja ständig arbeiten. Und je wärmer die Temperatur (des Zimmers bzw. des Teiges) desto schneller geht dieser Prozess. Es gibt so unendlich viele Möglichkeiten, diesen Prozess und damit das Endprodukt zu beeinflussen, am besten einfach mal ein paar Rezepte ausprobieren.

Das Mehl spielt eine große Rolle beim Brotbacken, je besser das Mehl, desto besser das Brot. Frisches Mehl, erzählt Franka, ist meist enzymaktiver und geht deshalb besser auf. Eine Zeit lang hat sie sogar ihr eigenes Mehl aus Körnern gemahlen. Darum: abgelaufenes Mehl tut dem Sauerteig nicht so gut, und in manchen Jahren ist das Mehl enzymaktiver, je nachdem wie das Wetter war. Beim Vollkornmehl wird das ganze Korn vermahlen, deshalb beinhaltet es mehr Vitamine und Spurenelemente, was das Brot gesünder und schmackhafter macht. Franka hat drei Sauerteige, einen Roggen-, einen Dinkel- und einen Weizensauerteig. Für Brot, das hauptsächlich aus Roggenmehl besteht, nimmt sie den Roggensauerteig, da dieser die Enzyme aus Roggenmehl am besten aufspalten kann, genauso für Weizen- und Dinkelteige. Sie hat sogar schon mit einem Reis- und Hafersauerteig experimentiert, als glutenfreie Alternative zu Brot. Franka ist überzeugt, dass Sauerteigbrot leichter bekömmlich und gesünder ist als Brot, das ausschließlich mit konventioneller Hefe gebacken wurde.

Körner, Samen und Flocken werden gern zum Brotbacken verwendet, auch Franka hat verschiedene Brotsorten damit. Haferflocken sowie auch Leinsamen machen das Brot feuchter, weil sie eine hohe Wasseraufnahmefähigkeit haben. Dadurch ist das Brot länger haltbar und auch gesünder, weil mehr Nährstoffe darin enthalten sind. Der Geschmack wird etwas milder und süßlicher, Franka erzählt, dass ihre Kinder Brot mit Haferflocken total gerne mögen. Am besten ist es die Haferflocken schon vorher quellen zu lassen, da sie bis zu dreimal so viel Wasser aufnehmen können, wie sie schwer sind. Außerdem sollte man aufpassen Haferflocken mit zum Beispiel Dinkel zu mischen, da Hafer alleine kein Teiggerüst aufbauen kann, erklärt Franka.

Manche Brotbäcker*innen setzen auch auf Schwarzroggen oder Malz, um den Geschmack intensiver und voller zu machen. Franka hat eher einen puristischen Ansatz, und verzichtet darauf. Jedoch hat sie uns von wilden Hefen erzählt, die sie anzieht und für bestimmte Brotsorten, zum Beispiel Baguette, als alleiniges Triebmittel nutzt (also ohne Sauerteig). Diese wilden Hefen können also als Alternative zu konventioneller Hefe verwendet werden. Das fand ich besonders spannend. Dafür vermischt sie Wasser, Zucker und Rosinen oder Kräuter und lässt das ein paar Tage stehen (Hier ein Link dazu). Die Hefen, die schon auf den (Bio)Rosinen sind, vermehren sich und machen später das Brot luftig. Franka erzählt „das Hefewasser ist wie ein Sauerteig: Je älter bzw. öfter aufgefrischt, desto triebstärker“. Da habe ich doch gleich mal selbst wilde Hefen angesetzt:

Für große Bläschen empfiehlt Franka auf die Temperatur zu achten, denn die Mikroorganismen brauchen ein angenehmes Klima, um sich ideal zu entwickeln, der Teig sollte um die 30 °C haben. Daher gerne etwas wärmeres Wasser nehmen, das Mehl ist oft kühler und das Anstellgut manchmal auch noch nicht ganz auf Zimmertemperatur. Und ein feuchterer Teig kann besser größere Bläschen machen. Außerdem wird das Brot mit Vollkornmehl kompakter, Franka mischt oft Vollkornmehl und fein gemahlenes Mehl 50:50 um den Geschmack und die Inhaltsstoffe des Vollkorns zu haben aber auch eine luftige Konsistenz.

Das Internet ist voll von feinen Rezepten für Sauerteigbrot und ganz vielen Informationen, um mehr über die mikrobiologischen Prozesse zu erfahren, damit diese besser kontrolliert werden können, z.B. hier. Und hier ist auch ein spannendes Video, das gleich mehrere Fermentationen miteinander kombiniert und mit Kombucha Brot bäckt. Mir persönlich macht es am meisten Spaß, einfach auszuprobieren und zu schauen was rauskommt, auch wenn es manchmal daneben geht und ich super Ergebnisse auch nicht so leicht wiederholen kann. Nach den ersten oft mittelerfolgreichen Versuchen bekommt man schön langsam ein bisschen ein Gefühl dafür, wie der Sauerteig aussehen und riechen soll und welche Teigkonsistenz gut ist.

Ein Tipp von Franka ist, mit Kastenbrot anzufangen, da das Formen von weichem Teig herausfordernd sein kann. Ich habe zu Beginn immer Laibe gebacken, war aber mit der Fluffigkeit nicht ganz zufrieden. Mit feuchterem Teig in einer Kastenform sind mir bislang bessere Ergebnisse gelungen. Nach dem ganzen Input habe ich aber auch Lust, mich wieder einmal an einem Laib zu probieren.

Falls ihr übrigens mal Frankas Brot probieren wollt, ab Ende März ist sie mit ihrem Lastenrad wieder donnerstags und samstags am Wochenmarkt am Alaunplatz und verkauft dort feine Brote und auch Kleingebäck!