Koko – Offene Gemeinschaftsküche

Wasser und Mehl

13. März 2021 von Gesine

Der heutige Beitrag soll sich um Teig drehen. Und zwar den mit der kürzesten Zutatenliste der Welt: Wasser und Mehl (ein eine Prise Salz).

Wird dieser Teig gebacken, bildet das im Grunde die Urform des Brotes. Wasser und gemörserte Getreidekörner werden vermengt, um sie dann in der Glut oder auf einem heißen Stein zu backen.

Brotfladen gibt es in fast jeder Kochtradition der Welt. Einige werden mit Triebmitteln oder durch Fermentation luftiger (zB Naan, Pita, Pizza, Injera, Dosa, Knäckebrot), andere kommen nur mit Mehl und Wasser aus, diese sind meist etwas dünner (Roti, Matze, Lavash, Tortillas, Flatkaka) – hier gibts eine sehr lange Liste. Die fertigen Fladen werden dann entweder mit Fleisch oder Gemüse belegt und oder gefüllt oder zum Greifen oder Einwickeln des Essens verwendet (zB bei Dürüm).

Faszinierenderweise auch nur aus Wasser und Mehl bestehen Teige, die für Yufka- oder Filo hauchdünn gezogen werden. Dies ist eine eine wahre Kunst, die zB in dieser Bäckerei auf Kreta noch praktiziert wird. Das Ziel ist dabei so dünn, dass man eine Zeitung durch den Teig hindurch lesen kann.

Dieses krasse Stretching funktioniert nur mit der richtigen Kombination aus Teigbearbeitung und Ruhezeiten, um so die Glutenbindung sehr stark werden zu lassen. Bei der Zubereitung wird ein solcher Teig dann mit geschmolzener Butter oder Öl bepinselt und gefaltet. Heraus kommen saftiger Börek, Baklava, Gözlem, Spinatpita oder auch Apfel-Strudel. Obwohl sie sich ähneln, ist Filoteig aber nicht zu verwechseln mit Blätterteig. Für diesen nämlich wird ein Stück kalte Butter in den Teig eingeschlagenund dann immer wieder ausgerollt und gefaltet (touriert).
So oder so entstehen sehr viele dünne Teigschichten, die beim Backen knusprig und fluffig aufgehen – ganz ohne Backtriebmittel.

Doch wir können den Wasser- und Mehlteig nicht nur backen, wir können ihn auch kochen. Und heraus kommt: Pasta!

Warum sind eigentlich gekochte Getreidekörner so viel unbeliebter als Nudeln? Ist es doch am Ende das Gleiche – Wasser und Getreide! Der Nährstoffgehalt ist zB in gekochtem Dinkel und Dinkelvollkornudeln sehr ähnlich. Warum die ganze Energie aufbringen für hauchdünne Teige, künstlerische geformte Ohren-Nudeln oder hohle Maccaroni?

Bei uns in der WG gibt es einige große Pasta-Fans und durchaus häufig Nudeln zu essen. »Wie werden die eigentlich hergestellt?« fragen wir uns. Mit unserer kleinen Nudelpresse (oder auch mit der Hand) haben wir Bandnudeln, Spaghetti, Farfalle und Ravioli gemacht, aber dann hört’s schon auf. Wie geht das denn mit Penne, Maccheroni, Fussili, Orecchiette?
Fast schon kunst-handwerkliche Antworten habe ich beim Kanal »Pasta Grannies« gefunden. Eine herzlich und authentische Sammlung von italienischen Großmüttern, die ihr Können zeigen.

Ganz schön zeitintensiv, denke ich mir – aber wenn sie dann zusammen mit der Soße im Mund und zwischen den Zähnen sind: unglaublich lecker! Und die langen hohlen Maccheroni? Kann man entweder mit der Hand machen (indem man sie um einen Schaschlik-Spieß wickelt) oder aber eine Nudel-Presse nutzen, die Hohlformen-Matrizen hat.
Vielleicht ist es aber auch kein Zufall, dass gerade die italienischen »Nonne« die Pasta-Kunst beherrschen – haben sie ja noch am meisten Zeit, auf der Straße zu sitzen, zu schwatzen und dabei winzig kleine Teigstücken zu formen – jedenfalls in meiner romantischen Vorstellung.

Na, und die, die wir im Laden kaufen? Die kommen aus bester Ingenieurskunst.

Klassische italienische Nudeln bestehen übrigens aus Hartweizen, der mehr Protein als (der bei uns als Standard Weizen gängige) Weichweizen besitzt. Will man Nudeln aus solchem »normalen« Mehl herstellen, braucht man Eier anstatt Wasser, damit der Teig trotzdem geschmeidig zusammenhält und nicht klebt. Das Mischungsverhältnis ist dabei ungefähr 1 Teil Wasser zu 2 Teilen Mehl oder bei Weichweizen 1 Ei auf 100g Mehl. Im Detail kommt es natürlich auch auf die Mehlsorte an.

Nicht nur in Italien ist die Herstellung von Nudeln Tradition. Der erste geschichtliche Nachweis von Nudeln stammt aus Ostasien, wo 4000 Jahre alte Nudeln gefunden wurden. In Asien sind dabei eher längliche Nudelformen zu finden. Der Teig dort wird entweder von Hand gezogen oder geschnitten – sehr eindrücklich ist das hier aus Meisterhand oder hier in einem kleinen Betrieb zu sehen.

Alles eine Frage der Glutenverbindungen im Teig, genauso wie bei den hauchdünnen Yufka-Teigen. »Hand pulled noodles« gibt es als Set zum Selbermachen zu kaufen und dazu tausende Amateurvideos im Netz – falls ihr den Trend verpasst habt ;)