25. Januar 2012 von Sebastian
Was aber ist bis jetzt passiert, was haben wir getrieben, und warum? seit wir im September letzten Jahres mit Beginn der Pacht auf die Fläche durften…
Wie bei vielen urbanen Brachen (leider) üblich, galt es zunächst, eine Menge Müll zu bewältigen. Relikte einer Wegwerf-Gesellschaft im Wortsinne; Autobatterien, Schraubendreher, Radios, Plastiktüten, Bretter mit Nägeln, Glasflaschen, Kanister, Müllsäcke und dergleichen.
Bemerkenswerterweise hatte sich die Natur kaum drum geschert und unversehens begonnen, die Fläche zu besiedeln und in einen wahren Dschungel zu verwandeln. Kein Wunder, nach 20 Jahren ohne zielgerichtetes menschliches Eingreifen.
Ein echtes Wirrwarr aus typischer Ruderalvegetation, jungen Bäumchen, hartnäckigen Lianen, wucherndem Hopfen, grünem Efeu, – Waldreben, Birken, Ahorn, Königskerzen, Robinien…
Interessant, was schrittweise darunter zum Vorschein kam – neben einem recht sandigen, trockenen, massiv durchwurzelten und nicht besonders tiefgründigen Boden waren das nämlich zweieinhalb Apfelbäume, zwei Pfirsiche (juhu!), ein greiser, fast museal anmutender Kirschbaum sowie ein mittlerer Holunderstrauch. Befreit von ächzender Lianenlast hoffen wir, dass diese Juwelen sich nun im neuen Jahr beherzt der Sonne entgegenstrecken und gedeihen mögen.
Die sukzessive Urbarmachung, diesen Dschungel in einen Garten zu verwandeln, ist eine Aufgabe, die wir, beginnend im Herbst bei zahlreichen Einsätzen mit ebenso zahlreichen fleißigen Helfern und Interessierten, bewusst und unter Einbeziehung von Permakultur-Methoden angegangen sind.
Bei näherem Hinsehen kann sich nämlich einiges, das zunächst kaum von Relevanz für den zukünftigen Gemeinschaftsgarten scheint, als wertvolle Ressource herausstellen.
Solche vorhandenen biologischen Ressourcen optimal zu nutzen, ist ein Prinzip der Permakultur.(-einige weitere sind im Text kursiv und in Klammern angefügt – später mehr zu Permakultur)und so konnten wir die viele Biomasse auf der Fläche als Grundlage für den Bodenaufbau identifizieren und sie verhäckselt als Mulch nutzbar machen.
Damit wird das Bodenleben – neben den bekannten Würmern sind das unzählige hungrige Mikroorganismen, die nach organischem Material lechzen, um es zu verschlingen und in wertvollen Humus zu verwandeln – angeregt und “gefüttert“.
Mit der Natur zu arbeiten statt gegen sie heißt also für uns, Prozesse, die sowieso ablaufen, anzuregen und zu fördern, statt (fossile) Energie und (viel) Kraft dagegenzusetzen.
Das mag mitunter nicht so schnell und unmittelbar zum Ziel führen, zeigt aber in sich gesundes, organisches Wachstum und schont Ressourcen.
Ein großes Plus bei diesem Aspekt ist das vermehrte Auftreten von Robinien auf der Fläche. Dieser mehrjährige Vertreter der Leguminosen-Familie (auch bekannt als Hülsenfrüchtler), ist sommergrün und zeichnet sich durch außergewöhnlich hartes, rottungs-resistentes Holz aus. Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Robinie ist in Mitteleuropa als schnellwachsende Pionierpflanze weit verbreitet und typischerweise einer der ersten Besiedler von Ruderalflächen/Brachen. Die geringen Standortansprüche dieser Pflanze erklären sich durch die wunderbare Eigenschaft, den benötigten Stickstoff durch Symbiose mit Knöllchenbakterien selbst aus der Luft gewinnen zu können.
Wie andere (meist einjährige) Stickstoffsammler lässt sich auch die Robinie wunderbar als Gründüngung einsetzen, d.h. Pflanzen, die nicht primär zur Nahrungsmittelgewinnung, sondern zur Förderung der Bodengesundheit und dem Bodenaufbau genutzt werden.
Wenn ein Stickstoffsammler zurückgeschnitten wird, sterben die Wurzeln unter der Erde in etwa gleichem Maße zurück, der durch die Knöllchenbakterien fixierte Stickstoff wird somit als Nährstoff für andere Pflanzen verfügbar.
Den resultierenden Grünschnitt haben wir ebenso als Mulch ausgebracht, und werden dies auch wieder tun können, da die Robinien sich durchaus erholen, wieder austreiben werden.
Diese Technik, stickstoffsammelnde Bäume immer wieder zu verschneiden, um Häckselmulch zu gewinnen, nennt man chop’n’drop (etwa: schneid’& schmeiß’).
Unter Nutzung natürlicher Prozesse statt externem Energieeintrag leisten die Robinien auf unserer Fläche also einen großen Beitrag zur Bodenverbesserung und zum Bodenaufbau.
Darüber hinaus fällt nun mehr Licht auf die Fläche und wir haben eine beträchtliche Menge guten Bauholzes (zB für Gartenmöbel, Kompostklo u.ä.) gewonnen. (suche die kleinstmögliche Veränderung für den größtmöglichen Effekt)
Auf den frischen Flächenmulch, der dem Verdunstungs- und Erosionsschutz, der Einbringung organischen Materials und der Minderung von Unkrautwuchs dient, haben wir außerdem noch Gründüngung in Form von Winterroggen ausgesät. Dieser kann den Mulch durchwurzeln, „festhalten“ und verbessert so die Bodenstruktur, verhindert Auswaschung von Nährstoffen und Erosion und stellt darüber hinaus weitere nutzbare Biomasse dar – außerdem sieht es sehr schön aus. (ein Element erfüllt mehrere Funktionen)
Auf diese Weise hoffen wir, gute Bodeneigenschaften (Krume, Feuchtigkeit, Lebendigkeit, durchlockert, fruchtbar) für die kommende Gartensaison zur Verfügung zu haben.
Bis dahin!