Denkfutter: Urbane Gärten und Gentrifizierung

13. Dezember 2012 von Sebastian

Ich habe gerade diesen Artikel (auf Englisch) aus Detroit gefunden, den ich gerne teilen möchte. Die Frage, inwiefern Urbane Gärten zur Gentrifizierung beitragen oder nicht, begegnet mir nicht zum ersten Mal und – so meine ich – ist eine wichtige Herausforderung, die es sich lohnt, mal genauer anzuschauen.
Insofern macht mich der Artikel sehr nachdenklich, inspiriert mich und lässt mich in winterlicher Ruhe unsere Arbeit der vergangenen Zeit reflektieren.
food for thought, as they say.


Auch wenn der Begriff und der Vorgang der Gentrifizierung – wiewohl ein bekanntes Phänomen – nicht eindeutig zu fassen und zu beschreiben ist, reizt mich die Perspektive, Stadtteil- (community) Entwicklung als einen komplexen Vorgang zu betrachten, als Prozess, den lebendige Systeme durchlaufen. Wann ist eine Nachbarschaft (mit oder ohne Zutun urbaner Gärten) so attraktiv, so lebendig, dass sie Zuzug/Ausbau anzieht, was geschieht mit dieser community, wie geht sie damit um? Wie verändern sich die Lebensumstände derer, die hart gearbeitet haben, um ihre eigene Lebensrealität zu verbessern? … viele Fragen, bevor überhaupt urbane Gärten ins Spiel kommen…
Hier bietet der Artikel, denke ich, eine sinnvolle Differenzierung zwischen Nachbarschaftsgärten, Gemeinschaftsgarten, Urbanen Farmen, Urbaner Landwirtschaft und so weiter. Nicht zwischen den Namen/Begriffen, aber zwischen den Qualitäten, die jeweils transportiert und etabliert werden. Die Grenzen verschwimmen da sicher, aber welche – und das ist meiner Meinung nach das Entscheidende – dieser Qualitäten setzt man sich bewusst zum Ziel? Welche dieser können dazu beitragen, dass Gentrifizierung NICHT massiv in eine gewachsene community prallt, welche können soziale Gerechtigkeit befördern?

Natürlich sind einige der erwähnten Umstände andere als hier in Johannstadt, in Dresden. Der soziale Kontext sowie die Beweggründe der Akteure sind andere, die ökonomische Realität ebenso.

Und dennoch, gewisse Muster ähneln sich hier wie da, und ich denke, dass wir durchaus von den Erfahrungen aus zB Detroit lernen können. Deshalb folgen hier mal auf deutsch die persönlichen Vorschläge, die der Autor am Ende seinen Artikels aufzeigt und an Aktive richtet, die nicht nur “urban gärtnern” wollen, sondern denen auch soziale Gerechtigkeit und das Wohlergehen der den Garten umschließenden Nachbarschaft am Herzen liegen.

  • Schau dir die Geschichte der Nachbarschaft an, in der du dich befindest. Verstehe ihre Entwicklung, wer dort wie gelebt hat und lebt. Welche (politischen) Entscheidungen und Prozesse haben das beinflusst und verändert?
  • Wenn du nicht aus der community stammst (bzw dich noch nicht richtig mit ihr identifizieren kannst), in der du arbeitest, ist es empfehlenswert, wirklich zuzuhören. Dem aktiven Zuhören sogar mehr Zeit einzuräumen als dem (selber) Reden.
  • Damit gute Ideen umgesetzt werden, musst du sie dir nicht unbedingt selbst ans Revers heften. Selbst wenn du gute Ideen hast, nimm nicht einfach an, dass sie nicht schonmal ausprobiert wurden, oder dass kein anderer da schonmal draufgekommen wäre.
  • Suche gestandene Aktive in der community und unterstütze sie.
  • Nimm Kritik offen an, geh nicht unmittelbar in eine Verteidigungshaltung. Nimm es an und schau in Ruhe nochmal drauf.
  • Finde Mentoren, denen du vertraust, lass dich führen und unterstützen in deiner Arbeit.

Ich würd das erstmal so stehen lassen, selbst noch ein bisschen darüber sinnieren – in jedem Fall bin ich auf Gedanken und Reaktionen gespannt… :)